Quelle: Die Norddeutsche
Autor: Elena Matera
Datum: 29.06.2020


Interview

Herr Frohwitter, die Regierung im Land Bremen will Solardächer zur Pflicht machen. Hat diese Regelung auch Auswirkungen auf Ihr Unternehmen?

Werner Frohwitter: Ja, wir machen zwar keine Dachanlagen für Privatpersonen, aber die Solardach-Pflicht trifft ja auch das Gewerbe. Und das ist unsere Zielgruppe, also wir konstruieren größere Solaranlagen, etwa auf Lagerhallen und Fabrikgebäuden. 

Wie stehen Sie als Referent für Energiepolitik zu der Solardachpflicht?

Mit der Regelung wird definitiv ein stärkerer Akzent auf die Solarenergie gesetzt, die auch auf kleineren Einheiten eingesetzt werden kann. Die Energiewende wird so auch in die Städte gebracht. Das ist ein sehr interessanter Aspekt, da die Energiewende mit erneuerbarem Strom bisher hauptsächlich auf dem Land stattgefunden hat – mit Windenergieanlagen. Fotovoltaik bietet nun die Möglichkeit, nicht nur in Freiflächenanlagen eingesetzt zu werden, sondern auch mitten in der Stadt. Das hat die Bürgerschaft auch erkannt. In Bremen gibt es ein großes Potenzial, Solaranlagen auf Dächern zu installieren. Und Bremen ist da nicht die erste Stadt, die in diese Richtung geht. In Spanien sind Solardächer schon längst ein gewohntes Bild geworden. In Sevilla gibt es zwar auch andere Einstrahlwerte als in Bremen, aber dennoch bringen auch hier Solardächer etwas.

Wie einschränkend ist die Solardach-Pflicht für Hausbesitzer und Bauherrn?

Es ist nicht so, dass es eine unabdingbare Pflicht ist, auf jedes neu gebaute Haus ein Solardach setzen zu müssen. Voraussetzung ist unter anderem, dass es wirtschaftlich rentabel und statisch machbar ist. Laut Entwurf ist es also eine Pflicht mit Ausnahmevorbehalten. Bauträger und Bauherr müssen darlegen, warum er keine Solaranlagen auf das Dach bauen kann. Es kann zum Beispiel sein, dass es die Statik nicht zulässt. Die gleichen Maßstäbe müssen natürlich auch für Privatpersonen gelten. Es darf nicht sein, dass jemand eine Solaranlage bauen muss und dann damit Geld verliert. Aber das ist auch nicht so im Entwurf vorgesehen. Die Pflicht mit den Ausnahmen ist ein guter Kompromiss.

Stehen Ihnen bei Ihrer Arbeit oft Hürden im Weg, was den Ausbau von erneuerbaren Energien angeht, gerade im Bereich der Windenergie?

Klar, das ist unser täglich Brot. Dabei muss man sagen, dass die Akzeptanz für erneuerbare Energien in der Bevölkerung sehr hoch ist. Die Probleme treten erst dann auf, wenn es etwa um einen konkreten Standort geht. Dann lautet das Motto häufig: „Nicht in meinem Hintergarten.“ Das heißt, dass Kommunen, aber auch Bürger ein Problem damit haben, wenn die Windanlage in Sichtweite rückt. Das ist in der Regel ein Problem auf dem Land, da dort die Anlagen meist gebaut werden. Es ist daher wichtig, dass man die Menschen an der Windkraft beteiligt und sie mitnimmt. Wir setzen etwa stark auf den Bürgerstrom. Das bedeutet, dass wir im Umkreis unserer Anlagen, den Bewohnern den Strom billiger anbieten. Dennoch gibt es natürlich immer wieder Menschen, die gegen die Windkraftanlagen protestieren. Aber das ist kein spezielles Problem der Windkraft.

Inwiefern?

Auch bei der Infrastruktur gibt es immer wieder Menschen, die dagegen sind. Ein Beispiel: Jeder möchte eine Autobahn möglichst in der Nähe haben, aber eben nicht so nah, dass man sie hört.  Das ist auch gerade ein Problem in Deutschland, da es hier dicht besiedelt ist. Es gibt immer Menschen, die sich von Straßen oder eben der Windkraft gestört fühlen. Gerade die ältere Generation steht nicht sehr positiv zu Veränderungen. Jüngere Menschen sind in der Hinsicht sehr viel lockerer.

Ist das auch ein Grund, warum es bislang einigen eher zu schleppend vorangeht mit der Energiewende?

Ich denke, wir können schon sagen, dass es gut mit der Energiewende vorangeht. 40 Prozent des Brutto-Stromverbrauchs in Deutschland kommt mittlerweile aus erneuerbaren Energien. Das ist durchaus eine Zahl, mit der wir glänzen können. Momentan haben wir das größte Problem, dass die Genehmigungsbehörden nicht so arbeiten, wie wir uns das vorstellen. Die Genehmigungen dauern immer ziemlich lange, was teilweise auch an den Bürgerprotesten liegt. Die Klagemöglichkeiten werden nicht schnell behandelt. Es ist sehr kompliziert, bis so ein Verfahren auch zu Ende geführt wird. Das dauert teilweise fünf oder sechs Jahre bei einigen Projekten. Dann wissen wir meist erst, dass wir auch bauen können oder eben nicht. Ein wichtiges Augenmerk der Bundesregierung muss sein, die Genehmigungs- und Klageverfahren schlanker zu machen.

Können Sie sagen, dass es in den vergangenen Jahren trotz einiger Proteste allgemein mehr Zuspruch für erneuerbare Energien in der Bevölkerung gegeben hat?

In den letzten Jahren ist der Zuspruch auf jeden Fall gestiegen, das erkennt man auch an unserem Unternehmen. Energiequelle hat als Start-up Mitte der 1990er-Jahre begonnen. Mittlerweile ist das Unternehmen auf bis zu 300 Mitarbeiter angewachsen. Wir haben unseren Hauptsitz in Bremen, dann haben wir noch einen Standort im Umland von Berlin, aber auch zahlreiche Auslandvertretungen, etwa in Frankreich, Spanien, Italien und Finnland. Auch in außereuropäischen Ländern sind wir aktiv. Immer mehr Menschen sehen das Thema als wichtig an. Und auch die Politik möchte es voranbringen. Das sieht man an den vielen ehrgeizigen Zielen, die sich die EU, aber auch Deutschland gesetzt haben. 

Wo sehen sie das Unternehmen Energiequelle in zehn Jahren?

Energiequelle möchte in zehn Jahren ein ernstzunehmender Player in der Wasserstoffstrategie sein. Wir wollen die Energiewende mit Wasserstoff voranbringen und zu einer wirklichen Energiewende machen. Momentan findet sie eigentlich nur im Bereich des Stroms statt. Im Wärme- und Mobilitätssektor ist bislang noch nicht viel passiert. Es beginnt zwar langsam mit elektrisch betriebenen PKW und Bussen. Aber das macht auch nur Sinn, wenn der Strom grün hergestellt wird, also nachhaltig. Wir müssen in Zukunft für den Mobilitätssektor und für die Industrie zusätzlichen grünen Strom produzieren. Wenn wir die jetzigen Ressourcen nutzen, fehlen sie woanders und dann greift man doch wieder auf Kohle zurück. Das heißt, wir müssen den zusätzlichen Bedarf mit zusätzlicher erneuerbarer Energie decken – offshore und onshore. Das kleine Bundesland Bremen kann sich in Sachen Windkraft schon sehen lassen. Wir haben bereits viel Windenergie, obwohl wir wenig Platz haben. Da liegen wir weit vor anderen Stadtstaaten.

Beschäftigt sich Energiequelle denn bereits heute mit der geplanten Wasserstofferzeugung?

Wir sind momentan mitten in einem Forschungsprojekt, in einem Konsortium in der Lausitz in Brandenburg. Wir sind in der Forschungsphase, in der wir feststellen wollen, wie wir industrielle Prozesse auf die Beine stellen können, um den Wasserstoff möglichst günstig zu erzeugen. Und wir müssen auch schauen, wie wir den Wasserstoff transportieren können, damit er auch zu den Abnehmern gelangt. Die Wasserstoffproduktion macht allerdings nur Sinn, wenn wir sie auch gebrauchen können. In Deutschland ist das bisher nur bei industriellen Zwecken der Fall. Wir müssen im Industriebereich die Grundstoffversorgung auf Wasserstoff umstellen, aber auch die Dekarbonisierung von Prozesswärme. Und daran arbeiten wir.

Kann Wasserstoff auch im Bereich Mobilität eingesetzt werden?

Momentan wird bei den Pkw-Antrieben viel im Bereich der Batterieelektrizität getan. Es gibt auch immer mehr Hybridfahrzeuge. Doch für gewisse Anwendungen ist die Batterieelektrizität eher suboptimal, zum Beispiel im Schwerlastverkehr. Mit einer Batterie kommen sie da nicht weit. Da müsste man Überleitungen bauen, wie bei Straßenbahnen. Eine andere Möglichkeit sind eben die Brennstoffzellen. Dafür brauchen wir grünen Wasserstoff. In dieser Hinsicht muss in Zukunft noch mehr in der Fahrzeugherstellung getan werden. Wasserstoff-Autos gibt es bisher nur sehr wenige.

Denken Sie, dass wir in der Zukunft erneuerbare Energien zu 100 Prozent nutzen?

Im Erneuerbaren-Energiengesetz (EEG) wird gesagt, dass bis 2025 gut 40 bis 45 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen soll. Das haben wir bereits erreicht. Im Jahr 2050 sollen es dann mindestens 80 Prozent sein. Was man dabei nicht vergessen darf: Die Zahl bezieht sich nur auf den Bruttostromverbrauch. Wir müssen aber auch an die Sektorenkopplung denken, also auch an den Mobilitäts- und Wärmesektor. Das heißt, dass wir in Zukunft einen gewissen Prozentsatz der Fahrzeuge auf fossilfreie Antriebe umstellen müssen.

Und wie sieht es mit dem Wärmesektor aus?

Der wurde noch gar nicht richtig angefasst. Die meisten Häuser werden immer noch mit Erdgas und Öl beheizt. Da gibt es auf jeden Fall noch Entwicklungspotenzial. Der Bedarf an Wärme wird bereits mithilfe moderner Bauweise und Dämmung gesenkt. Es muss da aber viel mehr passieren. Die Wärmeversorgung muss möglichst fossilfrei werden. In Frankreich ist es etwa ganz normal, mit Strom zu heizen. Das könnten wir teilweise auch in Deutschland übernehmen – natürlich ohne Atomstrom. Gerade in dieser Hinsicht kann mit grünem Wasserstoff viel getan werden. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit Wasserstoff noch viel erreichen können in den nächsten Jahren.

Die Fragen stellte Elena Matera.

Werner Frohwitter ist Referent für Energiepolitik und Energierecht im Unternehmen Energiequelle, das seinen Sitz in St. Magnus hat.

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